Online-Interview mit dem Ehrenvorsitzenden
des Schützenvereins Hude Bernfried Jüchter

Geführt von Manfred Rautenberg als Zuständigen für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Vereins.

Bernfried JüchterManfred Rautenberg: „Hallo Bernfried. In Corona- Zeiten entwickeln sich doch recht interessante Sachen, z.B. dieses Interview. So etwas wäre mir vor ein paar Monaten noch nicht in den Sinn gekommen. Nun zu Dir. Du bist seit der letzten Jahreshauptversammlung vom aktiven Vorsitz des Vereins nach langen Jahren zurückgetreten, um mehr Zeit für Dich, Deine Familie und die anderen Hobbys zu haben.

Sind Deine Wünsche in Erfüllung gegangen?“

Bernfried Jüchter: „Teilweise ja schon. Aber Corona schränkt uns aber auch hier stark ein. Da unsere Tochter mit ihrer Familie direkt nebenan wohnt, sind wir in direktem Kontakt. Wir wollten aber eigentlich auch unser neues Wohnmobil nutzen. Unser Saisonkennzeichen ab März haben wir nur für eine Übernachtung in Stade nutzen können. Danach wurde ja alles gesperrt, so dass wir, wie alle anderen auch, jetzt zuhause bleiben. Schade, aber auch nicht zu ändern. Wir halten uns dran. Und da die Schießhalle geschlossen ist, fallen auch die Trainingszeiten und die gemütlichen Abende hier weg. Ich kann mich gar nicht daran erinnern, wann ich über Wochen nicht zu den Übungsabenden gegangen bin. Da aber vom Schützenbund auch die kompletten Meisterschaften für dieses Jahr abgesagt sind, ist das mit dem Trainingsrückstand auch zu verkraften. Wir warten ab und freuen uns darauf, dass es hoffentlich bald wieder losgehen kann.“

Manfred Rautenberg: „Du bist ja ein sogenanntes Huder Urgestein. Wie bist Du eigentlich zum Schießsport gekommen?

Bernfried Jüchter: „1967. Ich war 14 Jahre alt. Ich habe es zuerst auch, weniger erfolgreich, mit Fußball versucht. Mit unserem diesjährigen Schützenkönig Dieter Böhm ging ich in Delmenhorst zur Schule und er nahm mich mit in den Schützenverein. Das hat mir von Anfang an Spaß gemacht. Unser damaliger Jugendbetreuer war Egon Schwarting, trainiert wurde Sonntags morgens. Wir waren eine tolle Gemeinschaft. Auch während meiner Berufsausbildung und der anschließenden Bundeswehrzeit bin ich dabei geblieben. Nach meiner Heirat fand auch meine Frau Marlies Gefallen am Sportschießen. So hatten wir beide dasselbe Hobby. Und das sich bis heute nicht geändert.“

Manfred Rautenberg: „Wenn man wie Du diesem Sport und diesem Verein über so eine lange Zeit verbunden ist, hat man selber und mit dem Verein viele Entwicklungen erlebt und mitgestaltet. Was waren für Dich die wichtigsten Entwicklungen?“

Bernfried Jüchter: „Als ich mit dem Schießen begann, hatte ich die Auswahl zwischen Fußball im FC, den Sparten im TV (hauptsächlich Handball und Tischtennis) und evtl. dem Reitclub. Durch die Verbindung mit Dieter wurde es dann der Schützenverein. Nach der Schule und den Hausaufgaben war Zeit für Sport und Spiel. Die Zeit, die Kinder und Jugendliche heute für ihre Freizeit zur Verfügung haben ist dagegen viel geringer. Bei uns war die Schule spätestens nach der 6. Stunde, also um ca. 13:Uhr, vorbei. Ablenkung wie Internet gab es nicht. Heute geht der Schulalltag schon bis 16:00Uhr. Dann bleibt für die Hobbys nicht mehr viel Zeit übrig. Und diese reduzierte Zeit steht einem deutlich größerem Angebot an Freizeitaktivitäten gegenüber. Mit dieser Entwicklung kämpfen heute aber alle Vereine.

„Konzentration, innere Ruhe und Kondition!“

Eine andere Entwicklung fällt mir bei uns Schützenvereinen auf. Die Bereitschaft zur Anschaffung und zum Tragen unserer Uniform nimmt immer mehr ab. Dabei ist sie ein wichtiger Teil unserer Tradition. Die führt auch dazu, dass die Beteiligung an unseren Traditionsveranstaltungen (Schützenfestes, Umzügen) abnimmt. Aber auch dies gehört zu unseren Traditionen, die wir erhalten sollten. Es liegt natürlich an uns, dass unseren Mitgliedern zu vermitteln. Und das uns mit unserem etwas militärischen Gehabe und den Umgang mit Waffen manchmal eine rechte Gesinnung unterstellt wird, tut ein Übriges.“

Manfred Rautenberg: „Wie überall werden auch die Vereinsmitglieder immer älter. Stichwort : Demografischer Wandel. Wie siehst Du die Zukunft der Vereine allgemein und des Schießsportes im Speziellen?“

Bernfried Jüchter: „Die Möglichkeit, seinem Sport bzw. seinem Hobby nachzugehen, bot sich früher nur in einem Verein. Alternativen gab es kaum. Das dazu dann auch das umfangreiche Vereinsleben gehörte, war selbstverständlich. Arbeitsdienst zum Erhalt der Sportanlagen gehörte ebenso dazu, wie zusammen zu feiern. Das gemeinschaftliche Vereinsleben war wesentlicher Teil. Die Vereinsmitglieder trugen den Verein. Heute bieten sich so viele Möglichkeiten der Zerstreuung. Immer häufiger hat man heute das Gefühl, überall dabei sein zu müssen. Die langfristige Mitgliedschaft in einem Verein ist anscheinend eher hinderlich. Und dann kann es einem auch noch passieren, dass man gefragt wird, ob man bereit sei, eine Aufgabe in der Vereinsverwaltung zu übernehmen. Soll heißen : Junge Leute müssen sich in die Vorstandsarbeit einbringen, um ihre Interessen und Wünsche einfließen zu lassen. Voraussetzung ist dann jedoch auch die Bereitschaft hierzu.

Für unseren Schießsport gibt es noch ein weiteres Hindernis. Seit geraumer Zeit kämpfen wir Sportschützen mit vielen Vorurteilen unserem Sport gegenüber.

Sportschießen, der Umgang mit Waffen, das Tragen von Uniformen und das Marschieren wird von vielen Menschen mit Gewaltverherrlichung und rechter Gesinnung in Verbindung gebracht. Voraussetzung zur erfolgreichen Ausübung unseres Sports ist aber ein hohes Maß an Konzentration, innerer Ruhe und Kondition. Diese Eigenschaften sind auch Grundlage für Erfolg in Schule und Beruf. Zusätzlich vermitteln wir den verantwortlichen Umgang mit unseren Sportgeräten. Wenn wir und Schützenvereine allgemein langfristig Bestand haben wollen, dann müssen wir es vermitteln, für was unser Sport wirklich steht. Wem der Umgang mit Waffen nicht liegt, findet in unserem Verein seit einigen Jahren die Gelegenheit zum Bogenschießen. Auch hier werden die gleichen Fertigkeiten vermittelt, denn auch dies ist ein Bereich des Sportschießens. Nicht zu vergessen sind die Möglichkeiten für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen. Gerade für sie gibt es die gleiche Wettbewerbe und Meisterschaften.“

Manfred Rautenberg: „Du hast mir schon die Antwort auf meine letzte Frage gegeben. Was ist die Voraussetzung für einen guten Schuss: Bleibt mir nur noch: Ich danke Dir für dieses Interview!“